Ausbildung zum Stärkencoach: Ein Einblick

Stärken ausbauen, statt den Schwerpunkt auf Schwächen zu legen. Die WARGITSCH Transformation Engineers haben sich dafür zur Stärkenorientierung mit dem CliftonStrengths-Test von Gallup entschieden. Aber warum genau diese Art des Assessments und welche Vorteile bietet es?

Wie kann man die Verhaltensweisen und Handlungsmuster seiner Mitarbeiter:innen besser einordnen? Wie effektive Partnerschaften und Teams fördern? Wie exzellente Leistungen und mehr Zufriedenheit erreichen? Das Zauberwort heißt dieses Mal „Stärkenorientierung“. Mittlerweile ist empirisch belegt, dass eine Stärkenorientierung in Organisationen ebenfalls wirtschaftliche Benefits mit sich bringt.

Ein Beispiel: Mitarbeiter:innen, die stärkenbasiert entwickelt wurden, zeigen im Vergleich zu ihren Kolleg:innen bis zu 18 % erhöhte Leistung (gemessen bspw. an Produktivität, Leistungsbewertungen oder Verkaufszahlen). Dies ist enorm – aber nur einer der Gründe dafür, dass WARGITSCH sich zur Stärkenorientierung mit den CliftonStrengths von Gallup entschieden hat. Unser VP Corporate Development, Dr. Christina Weigert, spricht in diesem Interview über ihre Ausbildung zur Stärkentrainerin.

Du hast vor Kurzem die Ausbildung zum Gallup Global Strengths Coach absolviert. Wie lief das Ganze ab?

Dr. Christina Weigert: Vom Grundprinzip her bestand die Ausbildung aus mehreren Teilen. Zuerst gab es eine Woche Intensivkurs im Remote-Modus. Hier war ich gespannt, wie sich das realisieren lässt, wenn viele Teilnehmer:innen und auch viele praktische Übungen vorgesehen sind. Aber es hat dank sehr guter Didaktik und Moderation prima funktioniert. Nach der Kurswoche war Eigenstudium angesagt, um sich auf die Online-Prüfung vorzubereiten. Um die Zertifizierung abzuschließen, musste ich dann noch sechs Einzelcoachings durchführen. Hier konnte ich dankenswerterweise auf unsere Führungscrew zurückgreifen, die sich dafür zur Verfügung gestellt hat.

Das klingt nach einer intensiven Zeit. Was für Highlights nimmst du daraus mit?

Dr. Christina Weigert: Ein besonderes Highlight war für mich in der Ausbildung die wirklich tolle Kursgruppe, die aus Personen mit den verschiedensten Backgrounds zusammengesetzt war. Einige Selbstständige, die vorher schon bspw. als Systemische Coaches tätig waren, Führungskräfte aus dem Bankenumfeld, Organisationsentwickler:innen, Personalverantwortliche und viele mehr. Nach der sehr intensiven Woche mit zum Teil auch sehr persönlichen Austauschmomenten in den Übungs-Coaching-Sessions und einem immer respektvollen und hilfsbereiten Umgang miteinander ist die Gruppe weiterhin im Kontakt und tauscht sich rund um das Thema Stärkenorientierung regelmäßig aus. Das war und ist für mich ein echtes Highlight der Ausbildung. Und auch, dass man sich selbst noch einmal intensiver mit der eigenen Stärkenlandschaft auseinandersetzt und wie man diese als Stärkentrainer einsetzen kann.

Warum eigentlich der CliftonStrengths-Finder und nicht ein anderer Test? Es gibt ja viele Tests und Assessments, um Persönlichkeitstypen oder -profile zu erstellen, wie z.B. den Myers-Briggs-Type-Indicator oder die neun Teamrollen nach Belbin.

Dr. Christina Weigert: Was mich daran stört, ist, dass man im Ergebnis oft in einer der vorgegebenen „Schubladen“ verortet wird. In den 16 MBTI-Kategorien bin ich beispielsweise der „Konsul“ (ESFJ-A). Als Einzelwahrnehmerin“ (CliftonStrengths), die Personen stark auf der Individualebene wahrnimmt, widerstrebt mir diese Art von Kategorisierung ein wenig. Der CliftonStrengths-Finder von Gallup hingegen ermittelt wertebasierte und für die Persönlichkeit eines Menschen charakteristische Talente als ein natürliches, immer wiederkehrendes Gedanken-, Gefühls- oder Verhaltensmuster in einem persönlichen Ranking aus 34 Talenten. Die Wahrscheinlichkeit identischer Berichtsergebnisse liegt dabei 1:33 Mio. und ist damit hochindividuell. Mit diesem unvergleichlichen Profil lässt sich wesentlich differenzierter arbeiten als mit einer Schema-F-Einordnung von Personen. Was mir zudem sehr zusagt, ist, dass der CliftonStrengths-Finder seine akademische Verankerung in der Positiven Psychologie hat, welche auf dem Grundsatz basiert, Aufmerksamkeit auf das zu lenken, wo Menschen ein natürliches Potenzial für Spitzenleistungen haben – damit fokussiert man sich auf das Positive und auf Stärken statt auf Defizite und Schwächen eines Menschen. Kleines Beispiel: Mit meiner „schwachen Hand“ werde ich nie so sicher, schnell und intuitiv schreiben können, wie mit meiner starken Hand. Mit welcher Hand sollte ich also in einen Kalligrafie-Kurs investieren? Ganz klar – mit der starken. Mit der schwachen kann ich mit viel Übung allenfalls Mittelmaß erreichen, mit der starken Hand jedoch exzellente Ergebnisse erzielen. Das ist das Prinzip hinter der Stärkenorientierung.

WARGITSCH hat sich 2022 dazu entschieden, die Stärkenorientierung in die Unternehmenskultur zu integrieren. Wie sieht der Roll-out des CliftonStrengths-Finders und der Talentthemen bei euch konkret aus?

Dr. Christina Weigert: Idealerweise beginnt eine stärkenorientierte Entwicklung damit, zunächst die eigenen Talente zu benennen, im zweiten Schritt, diese wertzuschätzen, und sie in der finalen Stufe bewusst einzusetzen. Bei den WARGITSCH Transformation Engineers haben wir daher zunächst begonnen, alle Führungskräfte und Mitarbeiter:innen mit dem Konzept der Stärkenorientierung vertraut zu machen und in verschiedenen Gruppen-Sessions und Einzelformaten die Stärkenprofile aller exploriert. So finden alle heraus, was die Talentthemen jeweils für sich selbst bedeuten. In verschiedenen Übungen und Aufgaben wird dann gelernt, die Talente anzunehmen und die Einzigartigkeit wertzuschätzen. Denn nicht selten passiert es, dass man ein ausgewiesenes Talent im bisherigen Leben als Schwäche interpretiert hat. Befasst man sich genauer damit, wird klarer, worin hier tatsächlich eine verborgene Stärke liegen kann, und ein großer Aha-Moment stellt sich ein. Im nächsten Schritt werden in Team-Sessions die Team-Stärken ermittelt und ganz konkret erforscht, wie man in der Team-Zusammenarbeit die jeweiligen Talente ganz gezielt einsetzen kann und zu einer individuellen und kollektiven Stärke ausbaut. Flankierend dazu bieten wir jedoch auch Einzel-Coaching-Sessions an, in welchen man individuelle Entwicklungspläne erarbeitet oder an konkreten Herausforderungen arbeitet, immer entlang des individuellen Stärkenprofils.

Nun leben wir in einer Gesellschaft, die in den Bereichen Bildung, Arbeit und Privatleben ein großes Augenmerk auf Defizite, schlechte Noten und das Durchfallen bei Prüfungen beziehungsweise das Vermeiden davon legt. Warum würde es sich für uns lohnen, den Wechsel hin zur Stärkenorientierung zu vollziehen?

Dr. Christina Weigert: Um diese Frage zu beantworten, würde ich gerne kurz darauf eingehen, was eine Schwäche eigentlich ist. Gallup definiert „Schwäche“ als etwas, das sich dem Erfolg in den Weg stellt. Genauer gesagt, ist eine Schwäche ein Mangel an oder die fehlende Umsetzung von Talenten, die uns oder anderen Personen Probleme bereitet. Dementsprechend kann man seine Schwächen nicht gänzlich ignorieren. Das tut auch der stärkenorientierte Ansatz nicht. Aber wir werden „Nicht-Talente“ nicht in Talente verwandeln können. Daher ist es nur logisch, sich Möglichkeiten zu suchen, seiner Schwächen Herr zu werden, sie zu managen. Etwa durch Hilfssysteme oder eine ergänzende Partnerschaft. Im beruflichen Kontext führt im Extremfall auch kein Weg daran vorbei, das Umfeld zu wechseln, wenn darin bestimmte Talente gefordert werden, die ich nicht besitze. Nehmen wir ein Beispiel, um sich das plastischer vorstellen zu können: Ist beispielsweise das Talent „Wettbewerbsorientierung“ bei mir nicht oder nur sehr schwach ausgeprägt (also das Bedürfnis, sich im Wettbewerb zu messen und am besten, immer die Nummer Eins zu sein) und der berufliche Erfolg in einer Organisation an eine stark ausgeprägte Wettbewerbsorientierung geknüpft, ist es sehr fraglich, ob ich hier wirklich erfolgreich sein kann. Von zufrieden will ich gar nicht erst sprechen. Im Gegenteil, es wird mir sehr viel Energie rauben. Allerdings kann ich mir dann überlegen, welche Toptalente ich habe, mit denen ich bestimmten Herausforderungen begegnen kann (z.B. Leistungsorientierung, Selbstbewusstsein). Ein Dauerzustand als gefühlter Pinguin in der Wüste, ist jedoch nicht zielführend und wahrscheinlich auch nicht gerade gesund.

Was uns gerade im Kontext unseres Bildungssystems vor eine große Herausforderung stellt…

Dr. Christina Weigert: Ja, gerade im deutschen Bildungssystem wird leider nach wie vor auf die kognitive Leistung und auf das Aufdecken von Schwächen ein Schwerpunkt gelegt und weniger darauf, wie man Stärken ausbauen kann. Der mittlerweile verstorbene Bildungsexperte Sir Ken Robinson spricht dazu in einem der meistgesehenen TED Talks aus dem Jahr 2020 „von einem in die Länge gezogenen Prozess einer Aufnahmeprüfung für eine Universität“. Viele Menschen, die eher kreative Talente haben, würden dadurch entmutigt, übersehen und ausgefiltert. So werden wir mittelfristig sozialisiert und nehmen diese Prägung erst einmal ins Erwachsenenleben mit hinein. Es ist nicht verwunderlich, dass es genügend Menschen gibt, die sich dann in Jobs begeben, die sie nicht glücklich machen, weil eine ausreichende Auseinandersetzung mit den eigenen Talenten sowie den damit einhergehenden Bedürfnissen, Schattenseiten und blinden Flecken fehlt.

Dabei könnte es doch im 21. Jahrhundert ganz anders laufen!

Dr. Christina Weigert: Es gibt auch andere Bildungssysteme, wie z.B. in Skandinavien, die sich bereits in Richtung Stärkenorientierung ausgerichtet haben. Hier könnten wir uns einiges abschauen. Aber auch in den Unternehmen tut sich glücklicherweise etwas. In meiner Ausbildung zur Stärkentrainerin waren Teilnehmer:innen aus den unterschiedlichsten Branchen und Unternehmensgrößen. So wurde offenbart, dass die Stärkenorientierung nicht nur in modernen, holokratischen Unternehmen, bei denen der Ansatz ja recht nahe liegt, Einzug gefunden hat. Auch viele große Traditionskonzerne haben das Thema mit Unterstützung des Vorstands aufgegriffen und rollen es aus. Die Relevanz des Themas hat sich durch den Austausch in dieser heterogenen Ausbildungsgruppe noch einmal für mich bekräftigt und ich freue mich sehr, dass wir auch bei den WARGITSCH Transformation Engineers die Offenheit und das Commitment dafür haben.

Ist das Thema Stärkenorientierung auch etwas für Sie? Wollen Sie Ihr Team näher zusammenbringen? Wenn Sie langfristig die Zufriedenheit und Produktivität Ihrer Mitarbeiter verbessern wollen, kommen Sie gerne auf uns zu: info@wargitsch.com

Quellen:

Trautmann et al., On the way to New Work.

https://www.gallup.com/workplace/236927/employee-engagement-drives-growth.aspx